Hochzeit Maya mit Volkmar 2007
Text von Joachim Caspary
Liebe Hochzeitsgäste!
Als Brautvater wird von mir erwartet, hier und heute einige originelle aber kurze Worte von mir zu geben. So will ich denn versuchen, diesen Erwartungen zu entsprechen.
Als Münchner Student in den wilden 68er Jahren ließ das Schicksal mich mit der hübschen Französisch-Schweizerin Francoise zusammentreffen, deren Charme meine Hormone in Wallung brachten.
Bald zog man zusammen, studierte die unterschiedlichsten Dinge des Lebens und bereiste in den Semesterferien 5 Jahre lang im VW-Bus die unterschiedlichsten Länder, aus denen man auch die verrücktesten Sachen mit nach Hause brachte. Nach Italien und Spanien ging es immer weiter über die Türkei bis Syrien, Libanon. Von dieser Reise brachten wir als Souvenir den Hund Anamur mit, der uns 15 Jahre treu blieb. Weiter trieb uns die Reiselust im Jahre 1973 über Iran, Afghanistan, Indien bis Nepal. Dieses Mal war das Mitbringsel ein junger Tibetischer Mönch, der ein halbes Jahr bei uns in München blieb und heute noch mein treuer Freund und Geschäftspartner in Nepal ist. Der Mönch war allerdings nicht das einzige Mitbringsel von dieser Reise. Francoise brachte, zunächst unbemerkt noch ein weiteres mit, das - Ihr ahnt es schon - in ihrem Bauch heranwuchs und heute der Anlass für dieses Fest ist: Maya, genannt nach der Mutter Buddhas, unter dessen Augen sie in Kathmandu gezeugt worden war.
Es wurde geheiratet, Maya wurde geboren und wir lebten in liberaler Wohngemeinschaft mit Araber, Japaner, Indischem Yogi und anderen interessanten Zeitgenossen.
Als Maya so alt war wie heute Sophia, trennte das unergründliche Schicksal unsere Wege allerdings wieder und Francoise zog fort nach Frankreich. Ich aber wollte Maya nicht aufgeben und wir einigten uns darauf, dass Maya bei mir blieb, die Ferien bei der Mutter verbringend. Bald geriet Francoise in die Arme des Schweizers Frederic, dem sie zwei Söhne, Maxim und Alexis gebar, bevor sie vor über zehn Jahren von uns ging. Diese drei weilen heute unter uns.
Mir aber, der ich durch meine Reisen großes Interesse an Asien entwickelt hatte, erschien das Studium der Juristerei inzwischen zu trocken und ich begann mich an der Münchner Universität mit dem Studium asiatischer Sprachen und Kulturen zu beschäftigen. Was lag da näher, als, nun mit dem Flugzeug, Reisen nach Ostasien zu unternehmen. So geisterte ich einige Jahre als allein erziehender Vater mit Maya immer wieder durch Indien, China, Thailand, Nepal usw. Überall wurden wir beide, der deutsche Polyglott und das blauäugige blondgelockte Püppchen, mit offenen Armen aufgenommen, was unvermeidlich zu einem weiteren Mitbringsel führte: Meine jetzige Lebensabschnittsgefährtin Su Lü-Yün, die mir aus Taiwan nach München folgte und erstaunlicherweise schon seit nunmehr über 30 Jahren verblieb. So wuchs Maya quatrolinguär (viersprachig) auf: Muttersprache Französisch, Stiefmuttersprache Chinesisch, Vatersprache Deutsch und Reisesprache Englisch.
Es blieb nicht aus, das sich noch ein Brüderchen dazugesellte, Johannes, mit dem Maya in Schwabing liebend und streitend aufwuchs.
Nach dem Abitur wurde an der „Elite Universität“ München zuerst etwas getrödelt, ostasiatische Kulturwissenschaften lagen nahe; sie sprach ja schon chinesisch. Leider mussten die chinesischen Schriftzeichen und vieles andere aber dann auch noch gelernt werden. Dabei half ihr Professor Bauer, der schon ihren Vater unterrichtet hatte, und der Maya schon im Kinderwagen in der Vorlesung kennen gelernt hatte. Vielleicht half ihr auch ihr geliebter Balu, der als einziger Hund im Sinologischen Seminar geduldet wurde und vor drei Jahren diese Welt verließ. Überredet, das Handtuch nicht zu werfen, wurde dann in wenigen Monaten das Pensum der letzten Jahre gepaukt und der Magister glorreich bestanden.
Nach einer Praktikantenzeit bei BMW Mini (heute fährt man so etwas!) gelang es mir, Maya an eine Reiseagentur in Bangkok zu vermitteln; seither sind wir auch Kollegen. Dort wurde Maya gleich „sales director“ mit vier Untergebenen. Sie hielt es auch fast ein Jahr lang aus, bis sie eines Tages weinend ihre Eltern in Deutschland anrief: „Ich bin so einsam. Ich will nach Hause!“ Als Mann konnte ich das nur schwer verstehen, als Vater schon eher. Also riet ich ihr, ihren Job in Bangkok erst aufzugeben, wenn sie einen neuen habe. Maya nahm meinen Rat an und erschien bald darauf in Deutschland - ohne neuen Job. Wundersamerweise bekam Sie aber kurz darauf Ihre Anstellung in der Touristik-Agentur in Starnberg, die sie heute noch hat.
Des Alleinseins bald überdrüssig, erwuchs in Maya langsam aber immer sehnlicher der Wunsch, den einzigen und richtigen zu finden, mit dem sich eine neue Familie gründen ließ. Das Schicksal führte sie mit Volkmar zusammen, der sich als der geeignete erwies. Die Freiheit des Schwabinger Singledaseins wurde gegen die Geborgenheit der Partnerschaft getauscht und zum ersten Mal nahm Maya das Wagnis auf sich und zog zu einem Freund in dessen Wohnung. Gemeinsame Reisen wurden unternommen und bald stellte sich Nachwuchs ein in Form von Sophia, der perfekten Synthese aus Mayas Ungeduld und Volkmars Durchsetzungskraft.
So habe ich nicht nur eine Enkelin erhalten, sondern auch einen Sohn hinzugewonnen, den ich seit heute nicht mehr meinen Enkelvater, sondern meinen Schwiegersohn nennen kann. Mit dem bin ich auch recht zufrieden: fleißig, engagiert, sportlich, humorvoll, hilfsbereit. Am besten gefällt mir seine Begeisterungsfähigkeit. Als Vater teilt er vorbildlich Freud und Leid mit Maya bei der Aufzucht der Tochter, manchmal fast ein wenig überbesorgt...
Vor zwei Jahren bemerkte Maya einmal: „Mit meinen Freundinnen kann ich nichts mehr anfangen. Die haben jetzt alle ein Baby und nur noch ein Thema.“ Lasst uns hoffen, dass Maya und Volkmar irgendwann mindestens noch ein weiteres Thema haben werden und diese Themen die beiden ihr Leben lang gemeinsam beschäftigen werden!
Damit das doppelte Glück sich auch über die Gäste ergießen möge, sind auf den Tischen für jeden kleine Glücksbringer ausgelegt die aus Volkmars und Mayas zweiter Heimat stammen, deren Kulturen die beiden jeweils mitgeprägt haben.
Außerdem hat jeder ein Glas vor sich, das zum Wohle des Brautpaares ich nun zu heben und zu leeren bitte.